Humidor in Betrieb nehmen

Das Internet ist voller Anleitungen, wie man einen Humidor anscheinend in Betrieb nehmen soll. Leider schreibt der eine vom anderen ab und daher findet man an vielen Stellen die gleichen falschen Empfehlungen. Häufig wird auch ein vollkommen unnützes Brimborium veranstaltet und Empfehlungen ausgesprochen, die davon zeugen, dass man es mit einem reinen Humidorhändler, aber nicht mit jemanden zu tun hat, der Humidore baut und gleichzeitig selber Zigarre raucht.

Worum geht es bei der Inbetriebnahme eines Humidors?

Um genau einen einzigen Sachverhalt der da heißt: Bringe den Humidor möglichst schnell dazu, die Luftefuchte konstant bei 65-70% relativer Feuchte zu halten, um zeitnah Zigarren einlagern zu können. Das war's.

Den Humidor auf Grundfeuchte bringen

In vielen Anleitungen lesen Sie die Empfehlung, den Humidor mit einem faserfreien Tuch feucht auszuwischen. Dabei solle das Tuch mit destilliertem Wasser oder so genannter Humidorflüssigkeit getränkt sein, keinesfalls aber mit Leitungswasser, da dieses nicht keimfrei sei und dadurch die Schimmelbildung im Humidor gefördert würde. Durch das feuchte Auswischen werde das Holz vorbefeuchtet und die Zielfeuchte schneller erreicht.

In dieser Aussage sind gleich mehrere Fehler.

Man sollte den Humidor überhaupt nicht auswischen. Weder mit destilliertem Wasser, noch Leitungswasser und um Himmels Willen keinesfalls mit Humidorflüssigkeit. Und wie man ein "faser"freies Tuch verwenden soll ist mir ehrlich gesagt schleierhaft. Ein Tuch besteht immer aus Fasern.

Das Auswischen mit Wasser bewirkt ein Aufstellen der Holzfasern. Nach dem Trocknen ist der Humidor innen rau wie Schmirgelpapier und Sie müssten ihn nach dieser Prozedur erst ausschleifen, um die aufgestellten Holzfasern wieder abzuschleifen, um sich keinen Spreisel einzuziehen. Das schreibt nur keiner der Schlauberger. Im Bild links das geschliffene, rohe Holz im Humidor. Im rechten Bild die gleiche Oberfläche nach dem feuchten Auswischen. Man sieht deutlich die vielen aufgestellten Holzfasern. Lassen Sie es.

Zum Thema Keimfreiheit: Ob Sie nun Leitungswasser, destilliertes Wasser, entmineralisiertes Wasser (für's Bügeleisen oder Autobatterie) oder, falls ganz paranoid, medizinisches destilliertes Wasser verwenden - es ist vollkommen egal. Überlegen Sie mal - was geschieht, wenn Sie keimfreies Wasser auf einen Lappen geben? Genau. Es ist sofort verkeimt. Und was sollte jetzt der ganze Zinober außer Paranoia? Überall sind Keime und das ist vollkommen irrelevant. Und was haben denn Keime mit der Ausbreitung von Schimmel zu tun? Schimmel ist ein Pilz, Keime sind Bakterien. Wie erzeugen Bakterien denn Schimmel? Sporen erzeugen Schimmel und Sporen sind überall, auch in Ihrem Zuhause. Da ist es vollkommen egal, welches Wasser Sie verwenden würden.

Und bloß nicht den Humidor mit "Humidorflüssigkeit" auswischen. In dem Zeug ist Propylenglykol, es hinterlässt einen glibberig-öligen Film und es reduziert die Resorbtionsfähigkeit des Holzes für Wasser.

Humidor richtig in Betrieb nehmen

Die sicherste und materialschonenste Variante der Vorbefeuchtung eines Humidor ist die, dass Sie so viele Schalen mit Wasser in den Humidor stellen, wie reinpassen. Diesen Rat liest man auch ab und an, dann aber mit dem Vermerk, es müsse destilliertes Wasser sein, weil Leitungswasser nicht keimfrei sei.

OK - noch einmal Gehirn anschalten. Ob Leitungswasser verdunstet und in den Dampfzustand übergeht oder destilliertes Wasser ist natürlich vollkommen egal. Selbst wenn Sie eine bakterienversuchte Brühe in die Wasserschalen kippen würden wäre das vollkommen egal, weil Bakterien ja nicht verdunsten. Das Wasser verdunstet zu Wasserdampf und darin sind keine Bakterien.

Der Wasserdampf im Humidor ist unsichtbar, es handelt sich dabei nicht um Dampf, wie er beim Kochen von Wasser auftritt. Dieser Dampf besteht aus Aerosolen, also kleinen Wassertropfen. Darin könnten natürlich Bakterien enthalten sein. Im Humidor sprechen wir aber von Wasserdampf im Sinne von komplett verdampftem Wasser, also nicht von Aerosolen. Von daher ist es vollkommen egal, welches Wasser Sie in die Schalen kippen - nur geruchlos sollte es sein.

Die Wasserschalen lassen Sie für 5-6 Tage im Humidor, ohne diesen zu öffnen. In dieser Zeit steigt die relative Luftefuchte auf Werte von 80-85% im Humidor. Das ist auch gut so, weil sich das Holz mit Feuchte sättigen soll. Wenn Sie einen Chinahumidor erstanden haben, und im Innern die Holzauskleidung (Lining) sehr dünn oder gar nur ein Furnier ist, dann reichen auch 2-3 Tage. Ist das Lining 8-10 mm stark wie bei unseren CENTURY Humidoren, dann sollten Sie die 5-6 Tage einlagern. Und wenn Sie es nicht abwarten können - nun - dann raten Ihnen viele Anbieter statt kaltem einfach warmes Wasser zu verwenden, damit die Verdunstung schneller abläuft.

Keine gute Idee. Das warme Wasser bewirkt zwei Dinge. Zunächst eine stärkere Verdunstung und einen Temperaturanstieg. Da warme Luft mehr Wasser aufnehmen kann als kalte Luft ist also in der warmen Luft im Humidor sehr viel Wasser gelöst. Wenn der Humidor nach einiger Zeit wieder abkühlt steigt die relative Feuchte im Humidor immer weiter an bis es zur Kondensation kommt und dann läuft die Brühe von den Wänden.

Was rate ich Ihnen, wenn Sie es nicht abwarten können? Lernen Sie Geduld und machen Sie es, wie ich es beschrieben habe. Geduld belohnt nachhaltig. Mag sich spießig anhören, ist aber so.

Nach Ablauf der Zeit entfernen Sie die Wasserschalen, schließen den Humidor wieder und lassen ihn einen weiteren Tag geschlossen stehen. In dieser Zeit reduziert sich die Luftfeuchte auf Werte um die 75-80%. Sodann setzen Sie das Befeuchtungssystem in Betrieb, legen die Zigarren ein und wenn Sie einen vernünftigen Humidor mit einem vernünftigen Befeuchtungssystem haben, dann wird dieser auch die Zielfeuchte von um die 70% halten.

Vorbefeuchtung mit Boveda 84% - was ist davon zu halten?

Was wäre die Welt, wenn nicht ein amerikanisches Unternehmen cholesterinfreies Mineralwasser oder fettfreies Cola anbieten würde? Und so macht es auch Boveda. Ja, man kann für einen großen Humidor 6 dieser Kissen 84% "Vorbereitungspads" für je € 4.- kaufen und diese 2 Wochen in den Humidor legen. Dann nimmt man sie raus und wirft sie weg. Ganz ehrlich - sparen Sie sich das Geld. Ein paar Tassen oder Schalen mit Leitungswasser in den Humidor stellen und gut ist. Man muss nicht aus jeder Mücke einen Elefanten machen.

Das Boveda System hat seine Berechtigung bei der Befeuchtung von Kleinvolumen. Dafür sind die Kissen ausgezeichnet. Bei großen Humidoren kann man das System jedoch vergessen, weil es nach dem Öffnen und Schließen des Humidors viel zu lange dauert, bis die Zielfeuchte wieder erreicht ist. Natürlich sagt Boveda, dass man dann mehr der Kissen einsetzen muss. Hier mal eine einfache Rechnung.

Für einen großen Tischhumidor wie unseren CENTURY CENTURION würden Sie acht der 72% Kissen benötigen, dazu noch 8 Aluhalterungen. 8 Halterungen und 8 Kissen kosten zusammen € 192.- und Sie müssen alle 6 Wochen die 8 Kissen nachkaufen für € 32.-

Pro Jahr kommen Sie allein mit Bovedakissen auf € 180-200. Wir setzen stattdessen ein elektronisch geregeltes Befeuchtungssystem ein, den Hydrocase. Das Gerät kostet unter € 200.- und man muss nur den Schwamm alle 4-6 Wochen nass machen und 4 Batterien pro Jahr a € 4.- nachkaufen. Das war es. Das ist mit Sicherheit das fairere und sinnvollere Angebot.